Sportbahn am Schiffahrter Damm
1898 – 1936
Sportbahn am Schiffahrter Damm
Wo bis vor Kurzem die Gaststätte „Zur alten Sportbahn“ steht, schloß sich früher die Münstersche Betonradrennbahn an. Sie stand am Ende der Zielgeraden, kurveneingangs.
Radrennen gehörten zur vorigen Jahrhundertwende zu den beliebtesten Sportarten überhaupt, was diese Aufnahme eindrucksvoll belegt.
Die 400 Meter lange Bahn am Schiffahrter Damm, erbaut vom „Radsportklub Schwalbe von 1895“, wurde 1898 unter großer Teilnahme der Münsteraner Bevölkerung eingeweiht. Tausende Münsteraner pilgerten in Folge sonntags zur Sportstätte, zu den traditionellen Mittwochabendrennen und den Sommerbahnmeisterschaften, um sich an den spannenden Matches zwischen lokalen, nationalen und internationalen Fahrern zu erfreuen, säumten begeistert die Bahn und füllten den Innenraum.
Als Folge fühlten sich viele Jugendliche motiviert, ihren Idolen nachzueifern. Über mangelnden Nachwuchs brauchte sich der Radsport in Münster keine Sorgen zu machen. Talente wurden geboren, entdeckt und gefördert und Münster blickt auf eine lange Liste erfolgreicher Pedaleure zurück.
Als die Betonbahn langsam in die Jahre kam, wurde sie 1924 genaralüberholt. Mit nun steileren Kurven und renovierter Fahrfläche konnte man sogar reine Motorradrennen auf ihr durchführen.
1936 wurde die Bahn schließlich abgerissen. Heute stehen an ihrer Stelle Wohnhäuser, was blieb, ist die alte Gaststätte zur Sportbahn, in der noch Fotografien und Urkunden an die alte Sportbahn am Schiffahrter Damm erinnern.
Als Vereinslokal des Vereins Leezenkultur e.V. finden hier nun die traditionellen Veteranentreffen der Münsteraner Radsportler im Frühjahr statt.
Winterbahn Halle Münsterland
1926 erhielten die Münsteraner ihre erste Holzbahn. Mit 160 Metern passte sie in die 1925 erbaute Viehversteigerungshalle der Stadt.
Konstruiert wurde die Radrennbahn von einem Sohn der Stadt, dem Architekten Clemens Schürmann, der bis dahin selbst erfolgreicher Bahnfahrer war und als „Flieger“ (Sprinter) auch international sehr erfolgreich war. Somit konnte er bei der Konstruktion seiner 2. Radrennbahn seine praktischen Erfahrungen in den Bau einfließen lassen.
Beim Wiederaufbau der Halle Münsterland nach dem Krieg wurde die Bahn von Schürmann neu konzipiert und hatte nun eine Länge von 153,846 m (6,5 Runden = 1.000 m) und eine Breite von 5 m.
Die besondere Schwierigkeit war, dass man aus Platzgründen mit der Bahn die Tribünen teilweise überbauen musste und trotzdem noch einwandfreie Sichtverhältnisse für die Zuschauer gewährleisten sollte.
Das Ergebnis war eine sehr langgestreckte Radrennbahn mit sehr engen und 56 Grad steilen Kurven.
Aufgrund dieser engen Kurven und der damit verbundenen hohen Kurvendrücke wurde sie gehasst und geliebt. Gustav Kilian – der „6-Tage-Kaiser“ und spätere „Goldschmied“ der Deutschen Vierer-Mannschaft – mochte die Bahn und machte sich den „Schiffschaukeleffekt“ der Kurvendurchfahrten zunutze, um stark beschleunigt auf die langen Geraden gehen zu können.Die Piste in der Halle Münsterland war als „Winterbahn“ Trainingsort der Münsteraner Rennradfahrer und Austragungsort vieler spannender Rennen.
Tusche-Zeichnung des Architekten Clemens Schürmann
(Archiv Familie Schürmann)
Hallenbahn in Münster
Die insgesamt 32 Münsterschen 6-Tage-Rennen nach dem Krieg hatten einen unschätzbaren Wert für den Bahnradsport in Münster, denn üblicherweise wurde die Radrennbahn weit vor dem 6-Tage-Rennen eingebaut und diente damit den Radsportlern in weitem Umkreis Westfalens für fast 3 Monate im Jahr bis in den Januar hinein als dauerhafte Trainings- und Wettkampfstätte. Die Münsteraner „Winterbahn-Meisterschaft“, die in dieser Zeitspanne stattfand, war Schauplatz zahlreicher spannender und gut besuchter Wettkämpfe der Amateure jeder Altersklasse.
Der Besuch des 6-Tage-Rennens war für viele Münsteraner lange eine alljährliche Selbstverständlichkeit. Dort sah man die Créme de la Créme des Bahnsports, wie Kilian, Altig, Roth u.v.m. und die Münsteraner Lokalmatadore wie Veltmann, Müller, Tertilte, Alberty, Scheidt, die Münsteraner Deutschen Meister Vadder und Giebken und den Münsteraner Tour de France Teilnehmer Rasing, um nur einige von ihnen zu nennen.
An Kindernachmittagen war der Besuch für Schüler frei und so mancher Junge entschied sich danach, mit dem Radsport anzufangen.
Anfangs war der Zutritt zum Innenraum der Bahn nur über eine Brücke (siehe Foto) und nur den Fahrern und dem Wettfahrtausschuß erlaubt, später durften auch die Besucher durch einen Treppentunnel unter der Zieleingangskurve den Innenraum betreten. Die Kojen des Fahrerlagers befanden sich jeweils zu Füßen der steilen Kurven und man war den Stars sehr nahe.
Ging man durch den Tunnel in Richtung Innenraum wehte einem schon der Geruch von Holz, Gummi, Massageöl, und Zigarettenrauch entgegen, man hörte, wie sich die Latten der Bahn unter dem Druck der Fahrer in den engen Kurven auf die Holzböcke schmiegten und wie der Sprecher laut und begeistert den Rennverlauf kommentierte…..
Man tauchte in die ganz besondere Atmosphäre des Bahnradsportes ein und gerade Münster war dafür bekannt, dass auf seiner Piste besonders attraktiver Sport auf hohem Niveau geboten wurde. Auch die Rennfahrer kamen gerne nach Münster.
Tribünen und Innenraum prall gefüllt. Die letzte Minute der Stundenjagd ist angebrochen. Auf die Uhr blickend, Willy Müller, der Sportlicher Leiter. Am Bahnrand Heinz Kranz, Mitglied des Wettfahrtausschusses.
Heute gibt es keine Radrennbahn mehr in Münster und gerade jüngere Münsteraner haben die Zeit der Rennen nie erlebt.
Ab 1988 fanden, nach einer wirklich langen und erfolgreichen Münsterschen Radrennbahntradition, keine Bahnrennen mehr in Münster statt. Die Holzbahn wurde nicht wieder im November, wie sonst in den vergangenen Jahren, in die Halle eingebaut. Andere Events nahmen den Platz im Veranstaltungskalender der Halle Münsterland ein.
Aber Münster war fast 90 Jahre eine „Radrennbahn-Stadt“ und kann auf viele hochklassige radsportliche Veranstaltungen zurückblicken und eine lange Liste erfolgreicher Bahnradsportler vorweisen.
Vielleicht waren Sie selbst Besucher oder Teilnehmer der Meisterschaften oder 6-Tage-Rennen und können darüber berichten? Wir möchte Sie gerne an der Erinnerung an diese Zeit beteiligen.
Hier können Sie uns eine Anekdote oder Information zu der Zeit mitteilen, in der es in Münster noch eine Radrennbahn gab.
Greg Dwiar aus Australien schreibt am 02.05.2012:
Hi, I am Australian and was lucky enough to see Danny & Tony win in 1988. Danny is now retired just like the Münster Bahn! What Great times and how spectacular the racing was on such a short track. A shame I am unable to show our daughter such events due to living in Australia on the Gold Coast QLD but I can show her Danny Clark as he lives here and rides with us so the Six Days do live on in a very special way in the person!
Kind Regards,
Greg Dwiar
[Hi, ich bin Australier und hatte Glück genug Danny (Clark) und Tony (Doyle) 1988 siegen zu sehen. Wie die Münsteraner Bahn hat sich auch Danny nun zur Ruhe gesetzt! Welch eine großartige Zeit und wie spektakulür waren doch diese Rennen auf einer solchen kurzen Radrennbahn. Schade, dass meiner Tochter solche Events nicht zeigen kann, da wir an der Goldküste QLD (Australien) leben, aber Danny Clark kann ich ihr zeigen, denn er lebt hier und fährt mit uns Rad und so leben die Sechstage auf eine besondere Art und Weise in seiner Person hier weiter.Freundliche Grüße
Greg Dwiar]